Unterwegs nach unten
hielt der Aufzug zweimal an und ein paar
Patienten und Pfleger stiegen ein und aus, und musterten sie, wie sie da
stand, mit ihrem zerrissenen Hemd, die
Haare zerzaust, nur notdürftig zusammengebunden und Sand und Zweige immer noch
überall sichtbar.
Sie hasste es
sowieso, wenn die Leute sie anstarrten, doch in dieser Verfassung und auf so
engem Raum war ihr dabei noch unwohler
als sonst. Also war sie froh, als sie unten ankam. Ein schneller Blick rundum und durch die Glastüren nach draußen genügte
ihr um sicherzustellen, dass kein Levin und kein blauer Lieferwagen irgendwo auf sie warteten. So
schnell sie konnte humpelte Emily also nach draußen und um die nächste Ecke. Mit einem erneuten Blick
auf den zum Glück gut ausgeleuchteten Parkplatz versicherte sie sich, dass immer noch kein blauer
Lieferwagen da war und dann humpelte sie in die Fußgängerzone zwischen der Reihenhaussiedlung neben dem
Krankenhaus. Von dort aus wählte sie
auch weiterhin Wege, die möglichst die
Straßen auf dem Weg zwischen dem Krankenhaus und ihrem Zuhause vermieden.
Als sie schließlich
ankam war sie erleichtert, dass niemand vor ihrem Haus wartete und kämpfte sich
mit ihren Krücken so gut es ging die
Treppe zu ihrer Wohnung hoch. Emily öffnete die Tür, betrat die Wohnung und schloss die Tür mit einem
Krückenstoß. Danach stellte sie die geliehenen Gehhilfen neben der Tür ab und
humpelte in ihr Zimmer, um ihre dreckige
Kleidung abzulegen. Sie setzte sich auf ihr Bett und zog ihr
Flannellhemd und den Rest ihrer Kleidung aus
und zog sich ihren Schlafanzug, bestehend aus einem schwarzen Trägertop
und einer Boxershorts, an. Dann
schleppte sie sich ins Bad, um ihre Haare zu kämmen, ihr Gesicht zu waschen
und ihre Zähne zu putzen.
Gerade war sie damit
fertig, die Zweige und den Sand aus ihren Haaren zu kämmen, als eine
mittlerweile allzu bekannte Stimme zu
ihr sagte: "Wow, du hast es alleine bis hierher geschafft und hast noch
die Kraft, dich um deine Haare zu
kümmern?" Levin lachte unbekümmert, aber Emilys Herz setzte ein paar
Schläge aus. Wie kam er hier herein? Wie
lange war er schon da? Und warum überhaupt?
"Du hast die
Tür offen gelassen. Sehr nachlässig von dir, aber durchaus praktisch für mich.
Als ich zum Krankenhaus zurückkam, warst
du nicht mehr da und da bin ich hierher zurückgefahren. In dieser Verfassung und mit diesem Kerl, der
vermutlich immer noch hinter dir her ist, konnte ich dich nicht alleine lassen. Was hast du dir dabei gedacht alleine
durch die dunklen Straßen zu humpeln? Bist du
lebensmüde?" Daran hatte Emily gar nicht gedacht. Sie war so
beschäftigt mit der Sorge um ihre Mutter
und mit der Hoffnung endlich alleine zu sein, um ihre Gedanken zu
ordnen, dass sie den Fleischklops ganz
vergessen hatte. Aber trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass mehr
hinter der ganzen Sache steckte als
bloße Fürsorge. Sie war sich sicher, die Tür geschlossen zu haben, als sie die Wohnung betreten hatte.
"Ich glaube dir
nicht. Ich traue dir kein bisschen und ich will, dass du jetzt gehst",
sagte sie betont ruhig zu ihm und sah
ihm dabei fest in die Augen. Doch Levin lächelte nur spöttisch und schüttelte
den Kopf.
"Ich werde dich nicht alleine lassen, Emily."
Und die Art, wie er ihren Namen aussprach, zum ersten Mal, wie ihr bewusst wurde, war so ungewohnt und
gleichzeitig vertraut, als würde sie ihn schon ewig und nicht erst seit einem Tag kennen. Fast hätte sie nachgegeben, schließlich
könnte der Fleischklops sie verfolgt
haben und hier auftauchen…aber dann fiel ihr etwas auf, das sie davon
abhielt, Levin zu vertrauen. Sie hatte
ihm ihren Namen gar nicht genannt.
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